Wer die Schule schwänzt, kann seinen Anspruch auf Unterhalt gegen die Eltern verlieren

Wer als Minderjähriger die Schule schwänzt und nicht mehr der gesetzlichen Schulpflicht unterliegt, kann seinen Anspruch auf Unterhalt gegen die Eltern verlieren.
Das hat das OLG Brandenburg (Oberlandesgericht Brandenburg) mit Beschluss vom 23. August 2004 – Az.: 9 WF 157/04 – entschieden.

Dem Beschluss des OLG Brandenburg liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Vater einer 16 Jahre alten Tochter hatte vor dem OLG Brandenburg eine Abänderung seines Unterhaltstitels begehrt.
Als Begründung führte der Vater an, dass seine Tochter aktuell nicht zur Schule geht, keine Ausbildung absolviert und deshalb in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Erwerbsobliegenheit Minderjähriger kann Anspruch auf Zahlung von Unterhalt ausschließen

Der Anspruch auf Unterhalt besteht nach §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), wenn der Minderjährige zur Schule geht und seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann.
Das OLG Brandenburg hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass sich Schüler, die außerhalb der Schulpflicht noch zur Schule gehen, dem Unterricht jedoch fernbleiben und auch nicht arbeiten, fiktive Einkünfte auf ihren Anspruch auf Unterhalt anrechnen lassen müssen.
Diese sogenannte Erwerbsobliegenheit gilt für die Zeit, die ein Minderjähriger mit Nichtstun verbracht hat und in der er hätte Einkünfte erzielen können.
Diese Anrechnung fiktiver Einkünfte gilt nicht für Schüler, die noch der Schulpflicht unterliegen und die deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen, selbst wenn sie es wollten.

Nicht schulpflichtige Schulschwänzer: Wer nichts macht, bekommt nichts

Werden die gesetzlichen Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzes beachtet und kann eine Erwerbstätigkeit des Minderjährigen zur Deckung des eigenen Bedarfs erwartet werden, dann sind die Eltern dieses Kindes nicht mehr zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet.
So sieht es das OLG Brandenburg in seinem Beschluss.
Anders ausgedrückt bedeutet das, wer als Schulschwänzer nicht mehr schulpflichtig ist und nichts anderes macht, der bekommt auch nichts.

Die Begründung des OLG Brandenburg: Verletzung der Erwerbsobliegenheit

Zur Begründung führte das OLG Brandenburg an, dass die 16jährige Tochter in der Zeit, in der sie der Schule fern geblieben sei, hätte Einkünfte erzielen können.
Da sie ihre Erwerbsobliegenheit verletzt habe, müsse sie sich fiktive Einkünfte zurechnen lassen, auch wenn sie nicht gearbeitet habe.
In der Zeit, in der ein Minderjähriger nicht zur Schule geht und auch keine Ausbildung absolviert, hat er trotz Minderjährigkeit eine Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, zumindest in Form einer Teilerwerbstätigkeit von zehn Stunden pro Woche.
Seine Argumentation stützte das Gericht auf die Beistandspflicht nach § 1608 a BGB.
Danach stehen die schutzbedürftigen Belange des Minderjährigen der Erwerbsobliegenheit nicht entgegen.
Stattdessen sei es für die Entwicklung eher förderlich, zum eigenen Lebensunterhalt beizutragen.