Wenn ein Ehevertrag nichts anderes bestimmt, leben Ehepaare im bürgerlich-rechtlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Eine Modifizierung des Zugewinnausgleiches per Ehevertrag ist dahingehend zulässig, dass für das Betriebsvermögen nur der Stand der Kapitalkonten berücksichtigt wird, während Firmenwert, stille Reserven und einzelne Vermögensgegenstände bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs unberücksichtigt bleiben.
In zweiter Instanz änderte der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Bremen (08.05.2014, Aktenzeichen 5 UF 110/13) den Beschluss des Amtsgerichts Bremen (07.11.2013, Aktenzeichen 65 F 3205/11) ab. Jetzt muss die geschiedene Ehefrau ihrem früheren Ehemann 154.682,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz zahlen, gerechnet vom 3. April 2014. Die Ehefrau als Antragsgegnerin wiederum darf mit ihrem am 13.08.2007 geltend gemachten Anspruch in Höhe von 94.509,63 Euro wegen einer Darlehenstilgung aufrechnen: In diesem Punkt verwies das Oberlandesgericht das Verfahren ans Amtsgericht Bremen zurück.
Zur Chronik
Die am 28.11.1967 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 23.09.2008 geschieden. Als der Ehemann 1977 einer von vier Gesellschaftern einer GmbH & Co. KG wurde, schloss das Paar am 08.06.1983 einen Ehevertrag, der die Ehefrau zur Miteigentümerin von einem Viertel des Firmengrundstücks – Gesamtpreis 120.000 DM – machte. Dazu stellte der Ehemann wie seine Mitgesellschafter 30.000 DM bereit. Im Gegenzug vermieteten die Ehefrauen das Grundstück an die Firma.
Vor Schließung des Ehevertrags lebte das Ehepaar im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Ehevertrag beschränkte den Zugewinnausgleich insoweit, als dass beim Betriebsvermögen des Ehemanns nur der Stand der Kapitalkonten rechnerisch berücksichtigt, Firmenwert und stille Reserven unberührt bleiben sollten. Die Ehefrau sollte ihr Viertel Grundstücksmiteigentum bei Zugewinnausgleich ohne rechnerische Berücksichtigung auf den Ehemann übertragen, aber dafür in Höhe der auf dem Privatgrundstück bestehenden Belastungen entlohnt werden, wie sie ihr durch den Kauf ihres Viertels entstanden waren. Die Ehefrau willigte ein, ihr zustehende Ausgleichszahlungen dem Ehemann als angemessen zinspflichtiges Darlehen für seinen Betrieb zu belassen, sofern ihre wirtschaftliche Situation dies zuließe.
1986 verkaufte eine Miteigentümerin ihr Viertel plus Verbindlichkeiten den übrigen für insgesamt 36.000 DM, so dass jede ein Drittel besaß. Als ihr Ehemann 1989 aus der Firma ausschied, blieb die Ehefrau weiter Miteigentümerin und profitierte von Mieteinnahmen, auch nach der Scheidung. Der Ehemann durchlief das Insolvenzverfahren.
Erste Instanz – Amtsgericht Bremen
In erster Instanz sagte der Ehemann, Sinn des Ehevertrages war, ihm den Grundstücksanteil seiner Frau in dem Umfang zu überlassen, wie er der Ehefrau bei Scheidung gehört hatte – zu einem Drittel. Darlehensverbindlichkeiten auf dem Grundstück wollte er übernehmen. Die Ehefrau dagegen hielt den Ehevertrag für unwirksam, weil unausgewogen und unter Ausnutzung einer Zwangslage unter massivem Druck des Ehemanns entstanden. Dass der Notar diesen als unternehmerisch sinnvoll bezeichnete, wertete sie als Parteilichkeit. Außerdem sei im Ehevertrag nur von einem Viertel Miteigentum die Rede, weshalb sie ihn kein Drittel des Grundstücks übertragen könne, eine Anpassungsklausel dazu fehle. Überhaupt sei der Vertragszweck mit Ausscheiden Ihres Mannes bei der GmbH & Co. KG entfallen. Ihren Grundstücksanteil betrachtete die Ehefrau als Alterssicherung gemäß gesetzlichem Scheidungsfolgenrecht.
Der Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 07.11.2013 forderte die Ehefrau auf, die Hälfte ihres Miteigentumsdrittels dem Ehemann aufzulassen – Zug um Zug gegen Freistellung durch den Ehemann von 50 % der bestehenden Verbindlichkeiten. Die Regelung im Ehevertrag vom 08.06.1983 habe ursprünglich dem Erhalt des Gesellschaftsanteils gedient bzw. dazu, den aus steuerlichen Gründen aus der Gesellschaft ausgelagerten Vermögenswert (Grundstücksanteil) für den Ehemann zu sichern. Bei entsprechender Anpassung wäre das Eigentum am Grundstücksteil auf den Ehemann übertragen und mit Null im Endvermögen bewertet sowie Firmenwert und stille Reserven vom Ausgleich ausgenommen worden. Die Ehefrau hätte nicht per Zugewinnausgleich von der Wertentwicklung des Unternehmens profitiert. Wäre das Paar verheiratet geblieben, hätten die Mieterträge ihre Altersvorsorge gesichert. Da der Ehemann aus der Firma ausschied, wurden Erträge nur durch Dritte erzielt, die aber der Ehefrau zuflossen.
Zweite Instanz – Oberlandesgericht Bremen
Am 09.12.2013 bzw. 13.12.2013 legte das Ehepaar Beschwerde ein. Der Ehemann sah im Ehevertrag keinen Raum für eine Anpassung zu seinen Lasten, die wirksame Vereinbarung falle nicht ins Scheidungsfolgenrecht (Altersvorsorge). Seit Mitte 2005 habe die Ehefrau die gesamte Miete einbehalten. Eine Zug-um-Zug-Verpflichtung lehnte er in Unkenntnis der Verbindlichkeitshöhe ab, aber beantragte, ihm den Anteil am Firmengrundstück aufzulassen.
Die Ehefrau führte an, dass das Grundstück schon am 15.08.2013 verkauft und die Eigentumsänderung am 27.01.2014 im Grundbuch eingetragen worden sei – Kaufpreis 620.000 Euro. Der Ehemann beantragte, die Ehefrau zur Zahlung von EUR 206.666,67 nebst Zinsen ab dem 03.04.2014 zu verpflichten.
Das Oberlandesgericht stellte fest: Der Ehemann hat einen Anspruch, dass ihm seine Ex-Frau den Erlös herausgibt, der durch die Veräußerung des Firmengrundstücks erzielt wurde – zu einem Viertel des erzielten Betrages. Die Ehefrau wiederum muss ihrem Ex-Mann 154.682,39 Euro zahlen (Betrag nach Abzug von Kosten für Löschungsbewilligung etc.) – und nicht, wie durch diesen beantragt, von einem Drittel. Denn aus dem nie angepassten Ehevertrag vom 08.06.1983 ergibt sich nur ein Anspruch auf Übertragung eines Viertels, nicht eines Drittels, falls der Miteigentumsanteil der Ehefrau durch Erwerb eines weiteren Anteils wächst.
Und der Vorwurf der Ehefrau, ihr Mann habe eine Zwangslage ausgenutzt? Er entbehrt jeder Grundlage; ein befangener Notar allein ist kein Nichtigkeitsgrund. Aber: Auch wenn Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich der Privatautonomie der Ehegatten unterliegen, verläuft dort, wo in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingegriffen wird, die Grenze – wie bei Altersunterhalt bzw. Versorgungsausgleich als vorweggenommener Altersunterhalt. Der Ehevertrag vom 08.06.1983 sieht weder eine einseitige Lastenverteilung vor, noch ist er sittenwidrig. Denn er modifiziert den Zugewinnausgleich zwischen den Beteiligten nur, statt diesen auszuschließen.
Warum wird das Betriebsvermögen des Ehemannes nur mit dem Stand seiner Kapitalkonten sowie Firmenwert und stille Reserven gar nicht berücksichtigt? Grundsätzlich ließe sich sogar das gesamte Betriebsvermögen vom Zugewinnausgleich ausnehmen, urteilte das Oberlandesgericht.