Wegfall von Barunterhalt bei starkem Einkommensgefälle
Es gibt noch nicht allzu viele Gerichtsentscheidungen, die darüber entschieden haben, dass der Kinderunterhalt ganz oder teilweise wegfallen kann, wenn ein Einkommensgefälle zwischen dem betreuenden und dem zum Unterhalt verpflichteten Elternteil besteht.
Eine dieser Entscheidungen zu diesem Themenbereich ist die des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden vom 4. Dezember 2015 – Az.: 20 UF 875/15.
Das sagt das OLG Dresden zu Unterhaltszahlungen bei starkem Einkommensgefälle
Die Kernaussage der Entscheidung des OLG Dresden besagt, dass der Kindesunterhalt ganz oder teilweise wegfallen kann, wenn der betreuende Elternteil sehr viel mehr verdient als der zum Unterhalt verpflichtete Elternteil.
Dem Beschluss des OLG Dresden liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine zum Barunterhalt verpflichtete Mutter ist selbstständige Rechtsanwältin mit einem monatlichen Verdienst von weniger als 1.000 Euro.
Der Vater arbeitet in der Schweiz als Arzt und hat einen Verdienst von mehr als 11.000 Euro im Monat.
Angesichts dieses großen Einkommensgefälles hat das OLG Dresden eine Unterhaltspflicht der Mutter verneint.
Als Begründung für seine Entscheidung führt das Gericht an, dass die Mutter in Bezug auf die Zahlung von Unterhalt leistungsunfähig sei.
Andererseits sei sie jedoch auch nicht verpflichtet, ihre Erwerbstätigkeit aufzustocken, indem sie sich zum Beispiel für eine Tätigkeit als Rechtsanwältin im Angestelltenverhältnis bewirbt.
Die Kinder leben beim Vater, der vom Gericht als anderer, zum Unterhalt verpflichteter Verwandter angesehen wird.
Deshalb haftet er bei Leistungsunfähigkeit eines Elternteils, im vorliegenden Fall der Mutter, gemäß § 1603 Abs. 2 BGB für den Unterhalt der Kinder.
Unterhaltszahlungen für Kinder
Jedes Kind hat grundsätzlich Anspruch auf Unterhalt, wobei die Höhe nach Alter und Lebenssituation variiert.
Sind die Eltern getrennt, leistet der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Unterhalt in Form von Pflege und Erziehung, während der andere Elternteil Barunterhalt zahlt.
Die Höhe des zu leistenden Barunterhalts hängt auch vom aktuellen Nettoeinkommen des Elternteils ab.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Unterhaltspflicht auch eingeschränkt werden oder gemäß dem Beschluss des OLG Dresden auch ganz wegfallen.
– Einschränken der Unterhaltspflicht
Verdient der Elternteil, der den Unterhalt für die Betreuung des Kindes aufbringt, gegenüber dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil mehr als das Doppelte, so kann die Pflicht zur Zahlung von Unterhalt eingeschränkt werden.
Reicht das Einkommen des zum Barunterhalt verpflichteten Elternteils nicht dazu aus, den vollen Unterhalt zu zahlen, kann er auch nicht gezwungen werden, zum Beispiel eine Nebentätigkeit aufzunehmen.
Das hat das Brandenburgische Oberlandesgericht in einem Beschluss vom 15. Februar 2011 – Az.: 10 UF 106/10 entschieden.
– Wegfall der Unterhaltspflicht
Gemäß dem Beschluss des OLG Dresden kann die Pflicht zum Barunterhalt auch vollständig wegfallen.
Im vorliegenden Fall verdiente der in der Schweiz als Arzt arbeitende Vater drei Mal so viel wie die zum Barunterhalt verpflichtete Mutter.
Insoweit hat das OLG Dresden unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 10. Juli 2013 – Az.: XII ZB 297/12 – den Wegfall der Unterhaltspflicht der Mutter bejaht.