Wird in einem Berliner Testament die Formulierung verwendet, dass „der oder die Überlebende über das Erbe des Erstversterbenden frei verfügen“ kann, bedeutet das nicht, dass die wechselbezüglichen Regelungen in einem gemeinschaftlichen Testament nach dem Tod des Erstversterbenden geändert werden können. Stattdessen bleiben sie bindend. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg mit Beschluss vom 13. Februar 2018 – 2 W 22/17 – entschieden.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Erblasserin und ihr verstorbener Ehemann haben zu Lebzeiten am 21. Juli 1990 ein Berliner Testament verfasst, in dem sie sich gegenseitig als Erben eingesetzt haben mit dem Zusatz, dass der Überlebende über das Erbe des Erstversterbenden frei verfügen kann. Als Schlusserben wurden im Falle des Todes des überlebenden Ehepartners die gemeinsamen Kinder eingesetzt. Anlass für den Rechtsstreit war ein von der Beschwerdeführerin beantragtes Testamentsvollstrecker-Zeugnis, um dessen Erteilung sich die ehelichen Kinder als Beteiligte streiten. Denn die Erblasserin hatte am 16. Mai 2016 durch eigenhändiges Testament die Testamentsvollstreckung über ihren Nachlass angeordnet und die Beschwerdeführerin zu ihrer Testamentsvollstreckerin ernannt. Das Nachlassgericht hat den Antrag der Beschwerdeführerin, ein Testamentsvollstrecker-Zeugnis zu erteilen, zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin vor dem OLG Hamburg.
Das OLG Hamburg hat den Beschluss des Nachlassgerichts bekräftigt und die Testamentsvollstreckung, die die Erblasserin mit ihrem Testament vom 16. Mai 2016 angeordnet hat, für unwirksam erachtet. Als Begründung führt das Gericht an, dass die Erblasserin die durch das Berliner Testament entstandene Bindungswirkung missachtet habe. Nach dem Tod ihres Ehemannes war es aufgrund der im Berliner Testament enthaltenen wechselseitigen Verfügungen nicht mehr möglich, diese zu widerrufen. Es war auch nicht mehr möglich, die im Berliner Testament getroffene Vereinbarung durch eine neue testamentarische Regelung einzuschränken, wie dies durch das Testament der Erblasserin vom 16. Mai 2016 geschehen ist. Das geht aus § 2271 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hervor. Das OLG Hamburg argumentiert weiter, dass die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers der durch das Berliner Testament bindend gewordenen Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder beider Ehegatten widerspreche. Auch die Formulierung im Berliner Testament, dass der überlebende Ehegatte frei über das Vermögen verfügen kann, beinhaltet keinen Änderungsvorbehalt. Stattdessen stelle diese Formulierung klar, dass der überlebende Ehegatte in seiner Verfügungsbefugnis nicht beschränkt werden solle.